Schweiz gelingt erste Sensation
Die Schweiz ist mit einem echten Paukenschlag in die FIFA WM 2010 gestartet. Das Team von Auswahlcoach Ottmar Hitzfeld bezwang an diesem Mittwoch in Durban Europameister Spanien dank eines Treffers von Gelson Fernandes mit 1:0 und sorgte damit für die erste faustdicke Überraschung des Turniers. Die Iberer waren zwar über die gesamte Spieldauer die dominierende Mannschaft, erwiesen sich vor dem gegnerischen Tor aber als nicht effektiv genug und mussten am Ende die bittere Pille des klassischen Fehlstarts schlucken.
Spanien begann gewohnt offensiv
Die Schweizer mussten ohne ihren angeschlagenen Torjäger Alexander Frei in ihre Auftaktpartie gehen. Auch Valon Behrami saß verletzungsbedingt nur auf der Bank. Eren Derdiyok bildete dafür gemeinsam mit Blaise Nkufo die Angriffsformation. Bei den Spaniern hatte sich Coach Vicente del Bosque gegen Stürmer Fernando Torres, der noch nicht wieder auf seinem vollen Leistungsniveau angelangt ist, und Mittelfeldstratege Cesc Fabregas in der Startelf entschieden.
Erwartungsgemäß bestimmte die "Furia Roja" von Beginn an das Tempo. Xavi und Xabi Alonso betätigten sich als die beiden Dreh- und Angelpunkte im spanischen Spiel, indem sie immer wieder geschickt den Ball von einer Seite auf die andere verlagerten. Für die Defensive des Hitzfeld-Ensembles wurde es umso schwieriger, weil sich mit David Villa auch die etatmäßige Sturmspitze der Iberer oft zurückfallen ließ, um über die Flanken zu wirbeln und den Kreativkräften David Silva und Andres Iniesta so zu ermöglichen, überraschend nach vorne zu stoßen.
Benaglio in überragender Form
Die erste Chance des Kontinentalchampions bot sich dennoch erst nach 17 Minuten, als Silva mit einem Schuss von der Strafraumgrenze an Diego Benaglio scheiterte. Und der Schweizer Schlussmann war es auch, der sieben Minuten später in Weltklassemanier gegen den infolge eines Iniesta-Zuspiels völlig freistehend vor ihm auftauchenden Gerard Pique rettete.
Keine Blöße gab sich auch Torhüter Iker Casillas, der praktisch im Gegenzug einen 30-Meter-Freistoß des Schweizers Reto Ziegler entschärfte. Es sollte die einzige echte Chance des Teams aus dem Alpenland im ersten Durchgang bleiben, da Spanien immer intensiver auf die Führung drängte. Nach 31 Minuten hatte Villa die Möglichkeit, mit einem Freistoß aus aussichtsreicher Position für den ersten Torjubel zu sorgen, sein Schuss landete jedoch in der Mauer.
Derdiyok schockt die Iberer
Die Schweizer Abwehr blieb aber dauerbeschäftigt und musste in der 36. Minute einen weiteren Rückschlag hinnehmen, als Innenverteidiger Philippe Senderos verletzungsbedingt für Steve von Bergen ausgewechselt werden musste. Dennoch konnte man den Europameister weiterhin daran hindern, im Strafraum gefährlich in Aktion zu treten. Auch die letzte Chance vor der Pause, ein 18-Meter-Schuss von Iniesta, flog weit am Tor vorbei.
Nach dem Seitenwechsel das gleiche Spiel: Spanien rannte an und machte sich auf die Suche nach der Lücke im Schweizer Abwehrbollwerk, das sich aber als äußerst robust und kompakt auszeichnete. Mit zunehmender Spieldauer wirkte das Ensemble von Del Bosque immer ungeduldiger. So kam es, wie es kommen musste: Nach 52 Minuten tauchte Derdiyok in einem der ganz seltenen Schweizer Angriffe frei vor Casillas auf, wurde zwar vom Keeper gestoppt, doch Gelson Fernandes stand goldrichtig und brachte das Leder im zweiten Nachsetzen aus kurzer Distanz zur überraschenden Führung der "Eidgenossen" über die Torlinie.
Del Bosque-Schützlinge wütend
Die Iberer waren geschockt und benötigten einige Minuten, um ihren Angriffsmotor wieder in die höheren Gänge zu schalten. Nach rund einer Stunde hätte dann aber Villa für den Ausgleich sorgen können, als ihm Benaglio im Eins-gegen-Eins den Ball in letzter Sekunde vom Fuß spitzelte. Und wenig später, als Torres eingewechselt wurde und für zusätzlichen Schwung sorgte, schoss Iniesta ebenso nur hauchdünn am Schweizer Gebälks vorbei wie Torres selbst, nachdem dieser von Villa bedient wurde.
Die Drangphase der Südeuropäer erreichte nun ihren Höhepunkt. In der 70. Minute hatten die spanischen Fans den Torschrei bereits auf den Lippen, doch Xabi Alonsos fulminante Direktabnahme aus fast 30 Metern krachte nur an die Querlatte. Und wenige Sekunden darauf scheiterte der ebenfalls eingewechselte Jesus Navas aus spitzem Winkel am stark aufgelegten Benaglio. Wer aber glaubte, die Schweiz würde sich nur noch auf das Verteidigen konzentrieren, hatte sich getäuscht: Einen schnell vorgetragenen Konter schloss Derdiyok nach feinem Solo mit dem Treffen des linken spanischen Torpfostens ab.
Chance auf Wiedergutmachung
Da sich die Stars von Del Bosque in der heißen Schlussphase gegen die zweikampfstarken Schweizer Verteidiger nicht mehr entscheidend durchsetzen konnten, war die erste echte Sensation dieser WM-Endrunde perfekt. Spanien muss nun am kommenden Montag im Ellis-Park-Stadion von Johannesburg gegen Honduras Wiedergutmachung betreiben, während die Schweiz am gleichen Tag in Port Elizabeth auf Chile trifft.